Micro Architects

In Micro Architects schlüpft ihr in die Rolle von Architekten und entwerft eine Skyline, die sich in drei Spielrunden den ständig ändernden Umständen anpasst. Wir haben den erfolgreichen Kickstarter getestet.

Micro Architects: Standardaufbau des Grundspiels für zwei Personen.

Spielidee


Bei Micro Architects, dem strategischen Städtebauspiel für einen bis vier Spieler, ist alles eine Nummer kleiner als in gewöhnlichen Brettspielen des Genres: Die Spielschachtel ist vollgepackt mit Holztokens und Spielerboards, mit denen ihr in rund einer Stunde Spielzeit eine Metropole entstehen lasst. Dazu wählt ihr Runde für Runde ausliegende Gebäude und platziert sie auf dem eigenen Tableau. Flexible Wertungskategorien sorgen für immer neue Herausforderungen, damit die einzelnen Häuserblöcke möglichst viele Punkte erzielen.

Hintergrund


Handliche Spiele, die man auf Reisen mitnehmen kann, die aber viel Spieltiefe bieten – das sind Zutaten, die bei Thistroy Games ganz oben auf der Agenda stehen. Die polnische Spieleschmiede entwickelte mit Micro City und Micro Cosmos bereits ähnliche klingende Titel. Nun konnten Michał Jagodziński, Kamil Langie und Jarosław Wajsper per erfolgreichem Crowdfunding Mirco Architects realisieren. Rund 1.000 Personen hatten die Kampagne im Sommer 2023 unterstützt, Anfang dieses Jahres gingen die ersten Exemplare auf den Postweg.

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Spielablauf


Jeder Spieler füllt im Laufe von drei strukturierten Spielrunden sein Tableau mit bunten Gebäuden. Gelbe Geschäfte, grüne Wohnhäuser, blaue Büros, violette Verwaltungen und rote Industrien gibt es; schwarze Gebäude-Token stellen Wahrzeichen dar. Zwanzig dieser Gebäudetypen liegen zufällig in zwei Reihen in der Tischmitte aus. Zunächst bedienen sich alle nacheinander aus der ersten Reihe, danach aus der zweiten – und bauen jedes Gebäude sofort auf dem eigenen Spielplan ein. Dieser Plan ist streng gerastert. Vier Reihen mit je acht Plätzen sind vorhanden, in der Mitte von einem Fluss durchzogen, oben und unten von Bergen begrenzt. Auf diese Weise entstehen acht Häuserblöcke, in denen jeweils vier Gebäude gruppiert werden.


Die Aufteilen der Gebäude auf Blöcke, Reihen oder Spalten ist wichtig, denn verschiedene Ziel- und Servicekarten definieren, welche Kombinationen aus Gebäudetypen wertvoll sind und Siegpunkte bringen. Mal soll ein Block nur aus unterschiedlichen Gebäuden bestehen, mal müssen vier gleiche Typen in einer Reihe und angrenzend an den Fluss positioniert sein. Karten werden im Laufe der Partie ausgetauscht, und bei den Zielen sieht man bereits, was in der nächsten Runde von Bedeutung sein wird, so lässt sich die eigene Strategie frühzeitig an kommenden Aufgaben ausrichten.

Wer ein Wahrzeichen (schwarzes Gebäude) einsammelt, nimmt direkt noch eines der ausliegenden Wahrzeichenplättchen und legt es neben den Block, wo er das Wahrzeichen platziert. Für diesen Häuserblock gelten nun zusätzlich die Anforderungen, die das Plättchen zeigt. Apropos Block: Sobald ihr ein Viererquadrat komplett mit Gebäuden befüllt habt, erhaltet ihr zur Belohnung ein kleines Boot, dass ihr auf den Fluss vor dem Häuserblock platziert.

Zwei solcher Boote lassen sich gegen eine Servicekarte eintauschen, um weitere Siegpunktbedingungen zu reservieren. Oder man setzt während des eigenen Spielzugs ein oder zwei Action Token (in Form kleiner Schraubenschlüssel) ein, um Bonushandlungen vorzunehmen. Auf diese Weise dürfte man zwei Gebäude innerhalb seiner City tauschen oder eines woanders hinsetzen. Solche kleineren Manipulationen helfen dabei, die Punktwertungen besser zu erfüllen.

Spielende


Drei Runden lang spielt ihr eine Partie Micro Architects. Sie sind unterschiedlich lang, je nach Spielerzahl und Vorgabe in der Anleitung liegen mehrere Reihen mit Gebäuden in der Tischmitte. Am Ende jeder Runde, wenn alle Gebäude auf den Tableaus platziert wurden, wertet ihr die aktuellen Karten, räumt ein paar Dinge auf und bereitet die nächste Runde vor. Wer am Ende die meisten Siegpunkte erreicht hat, gewinnt.

Varianten


Dank zweier Module, die dem Grundspiel beigefügt sind, lässt sich eine Partie Micro Architects noch variabler gestalten – und vor allem komplexer. Im Einwohner-Modul rücken die Menschen eurer City in den Fokus. Dafür erweitert ihr das eigene Tableau auf der rechten Seite um einen Abschnitt mit sechs mal drei Feldern. Anschließend legt ihr in der Tischmitte zu jedem zweiten ausliegenden Gebäude einen farblich passenden Meeple hinzu. Wer ein Gebäude mit Meeple nimmt, platziert zunächst das Gebäude wie gehabt und muss anschließend noch einen passenden Platz auf dem neuen Feld für die Figur finden. Hier winken Bonuspunkte, wenn man entsprechende Reihen mit farblich identischen Meeplen befüllt. Beim Event-Modul hingegen treten unvorhergesehene positive oder negative Ereignisse ein, immer dann, wenn eine der Gebäudereihen auf dem Tisch leer ist. Das kann ganz schön ärgerlich werden, wenn die aufgedeckte Karte verlangt, ein bestimmtes Gebäude aus der eigenen Auslage wieder zu entfernen…

Im Einwohnermodul kommen diese kleinen Meeple ins Spiel. Für jeweils drei Bewohner der gleichen Farbe erhaltet ihr Boni oder Siegpunkte.

Bewertung


Beim Unboxing von Micro Architects ist das Erstaunen groß: Wie passt so viel Material in so eine kleine Spielschachtel? Neben den Spielertableaus liegen rund 100 Karten und 250 Token aus Holz bei. Aber – ganz klar – sämtliche Gebäude, Meeple und Zubehörteile sind entsprechend klein geraten. Filigran, wunderbar detailliert, niedlich, aber doch: winzig.

Die Gebäude lassen sich noch einigermaßen leicht in den Vertiefungen der Spielertableau positionieren. Schwieriger ist das mit den Booten. Eine Pinzette wäre hilfreich, um sie an der richtigen Stelle im Fluss abzusetzen oder später für eine Sonderaktion wieder herauszufischen. Allzu oft fallen bei dieser Aktion gleich mehrere Gebäude um. Was aussieht wie eine Naturkatastrophe aus früheren Spielen wie Sim City, ist hier etwas nervig und gar nicht Teil des Spielerlebnisses.

Auch die Anleitung bleibt aufgrund ihrer Schriftgröße und des sehr engen Schriftbildes den Adleraugen unten euch Brettspielern vorbehalten. Wir haben uns das Ganze lieber digital am Bildschirm und mit mehrfacher Vergrößerung erschlossen.

Neben diesen Kritikpunkten ist Micro Architects ein gelungenes und anspruchsvolles Puzzlespiel um die bestmögliche Stadt unter sich verändernden Rahmenbedingungen. Viel Interaktion zwischen den Spielerinnen und Spielern gibt es nicht, alle grübeln über ihren eigenen Boards. Am ehesten schnappt man den anderen noch benötigte Gebäude oder Meeple aus der Auslage, dies geschieht aber meist unbeabsichtigt, da man das Treiben der anderen aufgrund der kleinen Proportionen sowieso nicht vollständig überblickt.

Erfreulich ist der durchdachte Solomodus, bei dem ein KI-Bot namens AIDA gegen euch antritt und nach Anweisung auf gezogenen Karten eigene Handlungen und Aktionen durchführt. Ist aufwändig in der Verwaltung, aber lohnt sich, wenn gerade kein echter Gegenspieler verfügbar ist.

Micro Architects: Wem gelingen die wertvollsten Häuserblöcke?

Eine höhere Wertung für das knackige Strategiespiel Micro Architects wäre noch möglich gewesen, wenn das Thema Stadtplanung stärker durchdringen würde. Dass grüne Häuser Wohnungen sind und rote Industrien, spielt im Ablauf so gut wie keine Rolle. Die Wertungskarten sind vollständig abstrahiert, man achtet bloß auf zufällige Kombinationen von Farben und Formen. Ein tatsächlicher, nachvollziehbarer Bezug der Elemente zueinander im Sinne eines Stadtplanungsspiels wäre hilfreich gewesen, um ein wirklich immersives Spielerlebnis zu schaffen.


Micro Architects – auf einen Blick

Micro Architects ist ein gelungenes und anspruchsvolles Puzzlespiel um die bestmögliche Stadtplanung auf engstem Raum. Niedliches, sehr hübsches Spielmaterial, mit dessen Winzigkeit man aber klarkommen muss.

Autoren, Illustrationen: Michał Jagodziński, Kamil Langie und Jarosław Wajsper | Thistroy Games | 2024 | 1 bis 4 Personen | ab 8 (eher: 10) Jahren | bis 60 Minuten

Pro

  • im Grunde sehr einfache und begrenzte Handlungsoptionen
  • schöne Spieltiefe durch die variablen und sich ständig ändernden Ziele
  • hochwertiges Spielmaterial und verständliche Ikonografie
  • guter Solomodus

Contra

  • Niedlichkeitsfaktor der wirklich kleinen Token geht manchmal zu Lasten der Spielbarkeit
  • Wertungskarten sehr abstrakt, man achtet beim Bauen bloß auf passende Farben der Gebäude (inhaltlich spielen die Gebäudetypen keine Rolle)

Hinweis: Wertungen vergeben wir im Bereich 0 bis 4 Sternen. Spiele mit 0-1,5 Sternen sind sind schlecht, mit 2 bis 2,5 Sternen durchschnittlich. Ab 3 Sternen beginnen die empfehlenswerten Spiele. Nur außergewöhnliche Titel erhalten 4 Sterne („Four-Star Game“).


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